Neues Überwachungsgesetz BÜPF: Gefahr für den Internetstandort Schweiz
Philipp Zeder
Kategorie:in
Internet & Recht
Veröffentlicht am 1. Apr. 2016
Aktualisiert am 27. Feb. 2024
Jetzt ist es offiziell: Das neue BÜPF (Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs) wurde von den eidgenössischen Räten verabschiedet und birgt zahlreiche, teils haarsträubende Verschlechterungen. So soll zum Beispiel neu auch das WLAN zu Hause unter das Gesetz fallen oder der Staatstrojaner legitimiert werden. Mit der Publikation am 28.03.2016 im Bundesblatt hat die 100-tägige Referendumsfrist begonnen. Während dieser Zeit müssen die Gegner des Gesetzes mindestens 50’000 Unterschriften zusammenbringen, um eine Volksabstimmung zu erzwingen.
Breit gestreute Gegnerschaft
Für einmal scheint sich die Debatte nicht zwischen den politischen Lagern abzuspielen. Viel mehr tut sich der Graben zwischen Jung und Alt auf. Mit einer Ausnahme gehören alle Schweizer Jungparteien zu den Unterstützern des «Stop BÜPF»-Bündnisses. Man könnte es auch den Kampf zwischen «Digital Natives» und den «Digital Immigrants» nennen.
Auch die Digitale Gesellschaft, der Chaos Computer Club oder die Piratenpartei gehören zu den BÜPF-Gegnern. Aus der Wirtschaft unterstützen unter anderem der ICT-Branchenverband Swico, der Messenger-Anbieter Threema oder der ISP Init 7 (über dessen Leitung sie möglicherweise auf diesen Artikel gelangt sind) für das Referendum stark. Alles Experten auf den Gebieten ICT und Internet.
Nutzen von Vorratsdatenspeicherung stark umstritten
Der Nutzen von Vorratsdatenspeicherung wird von Experten angezweifelt. Studien sind zum Schluss gekommen, dass eine Vorratsdatenspeicherung nicht zu höheren Aufklärungsraten führt. Und der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat erkannt, dass die Vorratsspeicherung von Daten zu einem Eingriff in die Grundrechte fast der gesamten europäischen Bevölkerung führe.
Man kann sich darum fragen, warum in der Schweiz die Speicherung der sogenannten Randdaten/Metadaten massiv ausgeweitet werden muss. Immerhin wurde die vorgeschriebene Speicherdauer bei den bereits jetzt geltenden 6 Monaten belassen. Ursprünglich war eine Ausweitung auf 12 Monate vorgesehen. Doch das ist nur ein schwacher Trost.
Adieu Innovation
Tief vergraben im neuen Gesetz findet sich ein Artikel, der jedem Unternehmer, ob jung oder alt, die Haare zu Berge stehen lässt.
Der Verband Swico trifft mit seiner Stellungnahme den Nagel auf den Kopf:
Man muss sich als Schweizer Anbieter fragen, ob die Schweiz wirklich noch der beste Standort für die Erbringung und Entwicklung von Internetdienstleistungen ist. Und das zu Zeiten, in denen die «Digitale Transformation» das Buzzword des Jahres ist und die Schweiz als Partnerland an der CeBIT auftritt.
Zurück an den Absender
Keine Frage, das bestehende BÜPF ist nicht mehr zeitgemäss und muss überarbeitet werden. Die nun vorliegende, revidierte Version des Gesetz strotzt jedoch nur so vor Verschlechterungen, sowohl was Grund- und Freiheitsrechte als auch die Pflichten von ICT-Anbietern angeht. Die Forderungen des «Stop Büpf»-Bündnisses wurden praktisch durchs Band ignoriert. Bleibt also noch der Weg über eine Volksabstimmung, um dieses Gesetz zu stoppen.
Wir alle sind von diesem Gesetz betroffen. Unsere Unterschriften sind dem Referendumskomitee deshalb sicher. Ihre auch? Auf stopbuepf.ch finden Sie weitere Informationen sowie passende Unterschriftenbogen.
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9 Kommentare
Guten Morgen Jorge
Wir haben Deinen Kommentar nicht gelöscht, er musste einfach zuerst freigeschaltet werden. Das passiert mit allen Erstkommentaren und dient dazu, Spam abzuwehren. Dir wird dazu nach dem Absenden des Kommentars eine entsprechende Meldung angezeigt. Meine Antwort auf Dein Kommentar von gestern Abend folgt.
Seid ihr wirklich alle so dünnhäutig?
1. Die Kartoffel wird zumeist nicht so heiss gegessen wie gekocht
2. Wenn dann Belgien plötzlich in der CH stattfindet, schreit jeder nach schärferen Gesetzen und Möglichkeiten der Behörden – lieber vorher ein gemässigter Schritt
3. Wenn Ihr jedes Gesetz so lesen und auslegen würdet, wie ihr dies hier macht, dann könnte keiner mehr normal leben. Tipp: wer das BÜPF verstehen will, der liest nicht das Gesetz, sondern den Erläuterungsbericht.
4. Habt ihr denn wirklich das Gefühl, dass die anderen europäischen Staaten mildere Gesetze in dieser Angelegenheit haben? Dort (z.B. UK) fällt dies alles unter Terrorabwehr, und damit ist es vertraulich.
Also meines Erachtens: seid froh, wenn ihr in einem Land lebt, in welchem überhaupt dargelegt wird, was die Behörden dürfen.
- Die Kartoffel wird zumeist nicht so heiss gegessen wie gekocht
Da hast Du absolut recht.
- Wenn dann Belgien plötzlich in der CH stattfindet, schreit jeder nach schärferen Gesetzen und Möglichkeiten der Behörden – lieber vorher ein gemässigter Schritt
Die Aussage lässt sich auch umkehren: Nach Anschlägen wird jedesmal mehr Überwachung gefordert. Den Beweis, dass die Vorratsdatenspeicherung einen Anschlag verhindern konnte, sind meines Wissens noch alle betroffenen Länder (wie z.B. Frankreich, das ein scharfes Überwachungsgesetz inkl. VDS kennt) schuldig geblieben.
- Wenn Ihr jedes Gesetz so lesen und auslegen würdet, wie ihr dies hier macht, dann könnte keiner mehr normal leben. Tipp: wer das BÜPF verstehen will, der liest nicht das Gesetz, sondern den Erläuterungsbericht.
Art. 25 dient hier als Beispiel. Weitere Kritik findet sich z.B. auf . Ich frage mich, weshalb Art. 25 in diesem Gesetz steht. Was soll der Nutzen davon sein?
- Habt ihr denn wirklich das Gefühl, dass die anderen europäischen Staaten mildere Gesetze in dieser Angelegenheit haben? Dort (z.B. UK) fällt dies alles unter Terrorabwehr, und damit ist es vertraulich.
Also meines Erachtens: seid froh, wenn ihr in einem Land lebt, in welchem überhaupt dargelegt wird, was die Behörden dürfen.
Ich bin sehr froh in einem Land zu leben, in dem man aktiv an solchen Diskussionen teilnehmen und seine Kritik anbringen kann. Das machen wir hiermit. Viele Passagen im BÜPF sind aus technischer Sicht fragwürdig und die von den entsprechenden Interessengruppen geäusserte Kritik wurde in den meisten Fällen ignoriert. Deshalb die rhetorische Frage, ob die Schweiz für Internetunternehmen der richtige Standort ist.
Ich frage mich langsam, wer hinter diesen Gesetzesrevisionen steckt. Kann es wirklich sein, dass diese “Experten” das IT-Business einfach nicht begreifen? Schlimm ist einfach, dass jeweils die Geschäftswelt der Politik sagen muss, welche Regelungen tragbar sind und Wettbewerbsvorteile generieren. Bei der Ausarbeitung des BÜPF waren aus meiner Sicht keine Fachexperten dabei.
Bezogen aufs Publikationsdatum dieses Beitrags könnte man einen 1. April-Scherz vermuten. Nur das es keiner ist… ?
Alles andere als ein Scherz, leider :(
Leider wohl kein Aprilscherz. Na dann werden halt wieder Unterschriften gesammelt…
Leider nicht, nein :(
Lieber Philipp,
Asche über dein Haupt! Ihr redet von überwachungsfreiem Staat, Offenheit, Transparenz: und das erste was Ihr macht, wenn ein Kommentar (gestern Abend 21:00 Uhr) nicht in euer Denken passt, ist diesen zu löschen?!? Enttäuscht :-(