Die Domainendung .org gilt seit jeher als Zuhause für die Internetauftritte von (nicht-gewinnorientierten) Organisationen. Und das ist kein Zufall, denn die Endung gehört zusammen mit .mil, .gov und .edu zu den ersten überhaupt eingeführten Domainendungen im Netz. Doch seit Mitte 2019 sorgt «dot org» für erhitzte Gemüter.
Alles begann damit, dass die ICANN als oberste Domainverwalterin am 30.06.2019 einen neuen Vertrag mit dem nicht-gewinnorientierten Unternehmen Public Interest Registry PIR abgeschlossen hatte. PIR betreibt die Top-Level-Domain .org und gehörte bisher zur Internet Society (ISOC), die unter anderem als Dachorganisation von Organisationen wie IAB oder IETF bekannt ist. Dass im neuen Vertrag die bisherige Bestimmung fehlte, wonach Preiserhöhungen bei der Erneuerung eines Domainnamens maximal 10 Prozent betragen dürfen, führte schon damals zu ersten Protesten in der Community, die befürchtet, dass die Preise überdurchschnittlich steigen könnten.
Verstrickte Sache: Neue Eigentümerin für .org
Im November wurde nun bekannt, dass die ISOC ihre Domainregistry PIR verkauft. 1,13 Milliarden US-Dollar soll die Investmentgesellschaft Ethos Capital für das Unternehmen bezahlt haben, das rund 10 Millionen .org-Domains verwaltet.
So apparently ISOC has finally confirmed the amount it will be paid for .org: $1.13bn. Exactly what I thought ("a little over a billion"). What does that mean? Here's my quick calculations…
— Kieren McCarthy (@kierenmccarthy) November 29, 2019
Für Stirnrunzeln sorgen dabei insbesondere persönliche Verflechtungen. So soll Fadi Chehade, bis 2016 CEO von ICANN, den Domainnamen von Ethos Capital am 14. Mai 2019 persönlich registriert haben – und das exakt einen Tag nach der erstmaligen Ankündigung der ICANN, die Preisbestimmungen für .org-Domains aus dem Vertrag zu streichen. Und Chehade hat auch beste Beziehungen zum Chef von Ethos, Erik Brooks. Brooks leitete bis vor kurzem nämlich ABRY Partners, bei der Fadi Chehade nach seinem Engagement bei ICANN tätig wär.
Während ihrer Tätigkeit bei ABRY kauften die beiden auch die Domainregistry Donuts Inc., die unter vielen anderen Domain-Endungen wie .cool, .rocks oder .email betreibt. Und hier scheint sich der Kreis wieder zu schliessen: Jon Nevett, einer der Gründer von Donuts, ist heute CEO von PIR, die nun an Ethos Capital verkauft werden soll.
«Save .ORG»
Eines der erklärten Ziele von cyon ist es, das Internet zu einem besseren Ort zu machen. Und wir glauben, dass der Verkauf der .org-Registry an eine Investmentgesellschaft das Gegenteil bewirkt – auch wenn die neuen Eigentümer zumindest im derzeitigen Trubel versichern, keine grossen Preiserhöhungen zu planen. Im Worst-Case-Szenario kosten .org-Domains plötzlich doppelt oder drei Mal so viel wie heute. Für eine Investmentgesellschaft sicher eine reizvolle Überlegung, für die betroffenen Organisationen, die in grosser Zahl auf .org-Domains setzen, wäre das hingegen ein Desaster.
Wir bei cyon unterstützen deshalb die Bewegung hinter «Save .ORG», die den Verkauf an Ethos Capital verhindern und gleichzeitig mehr Mitsprache der NGO-Organisationen bei Entscheidungen rund um das Handling von .org-Domains will.